11. Jugendfeuerwehren im Kreis Plön
Die Anfänge der Jugendfeuerwehren in der Bundesrepublik Deutschland lassen sich bis ins Ende des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen. Am 12. Februar 1882 wurde in der Gemeinde Oeversum auf der Insel Föhr die erste Jugendfeuerwehr gegründet. Zweiundzwanzig Jungen entschlossen sich, der Wehr beizutreten. Im Gründungsprotokoll heißt es: „Bald nach der Gründung der Wehr wurde mit den ersten Übungen unter dem Kommando der Freiwilligen Feuerwehr begonnen, die dann nachher mit eigener Kraft weiter geführt wurden. Als Uniform wurden Kittel und Leibriemen angeschafft, wozu bald die ausrangierten Mützen der Freiwilligen Feuerwehr kamen. Es wurde eine kleine Handspritze von Johann Petersen für 10 Mark gekauft, eine kleine Steigerleiter wurde von der Dorfschaft geschenkt. Zum ersten Mal rückte die Wehr zur Bekämpfung des Schadenfeuers ohne Spritze nach Nieblum aus, ohne in Tätigkeit zu treten. Für die Anschaffung von Gerätschaften ist zweimal in der Gemeinde eine Ansammlung gemacht.“
Mindestens 15 Übungen wurden im Jahr durchgeführt. Wie in der Freiwilligen Feuerwehr zahlten die Jugendlichen Geldstrafen z. B. bei unentschuldigtem Fehlen während der Übungen oder unerlaubtem Tragen der Uniform.
Zwar ging es damals wie heute bei den Gründungen um die Sicherung des Nachwuchses innerhalb der Feuerwehr, aber auf Föhr waren die Begleitumstände andere. Da die männlichen Bewohner der Insel traditionsgemäß dem Fisch- und Walfang nachgingen, blieben im Frühjahr/Sommer nur alte Männer, Frauen und Kinder zurück. Die Jugendlichen wurden deshalb schon frühzeitig im Brandschutz unterrichtet und ausgebildet.
Auf Föhr entstanden noch andere Wehren wie z. B. in Alkersum (1883), Borgsum (1918) und Midlum (1924). Es sollte bis zum Jahr 1923 dauern, ehe der Gedanke der Gründung von Jugendwehren im Kreis Plön aufkam. Der damalige Kreisbrandmeister Paulsen verfolgte diese Idee ziemlich konsequent: „Ich denke mir die Sache so: In einem jeden Oberbrandmeisterbezirk wird von allen Freiwilligen Feuerwehren eine Jugendfeuerwehr gegründet. Die Jugend nach der Schulentlassung tritt ein, geeignete Kameraden übernehmen die Ausbildung. Wöchentlich im Sommerhalbjahr, Saat- und Erntezeit ausgenommen, werden die Übungen abgehalten. Der Jugendfeuerwehrmann wird in allen Fächern am kleinen Gerät, an der Spritze, als Steiger, als Samariter ausgebildet. Ein breiter Raum wird dem Sport eingeräumt, im Sommer Spiel, im Winter Turnen. Vorträge werden gehalten, der Gesang wird gepflegt und es wird gewandert.“
Unterstützt wurde dieses Engagement vom damaligen Landrat Dr. Kiepert. Er erklärte am 6. Juli 1924 auf dem Kreisfeuerwehrtag in Plön: „Ich sehe darin eine sehr ernste Erziehung unseres (...) Nachwuchses. Die freiwilligen Feuerwehren sind ein Mittel zur körperlichen Ertüchtigung unserer Jugend (...).“
Vier Jahre später berichtete das „Plöner Wochenblatt“ im Herbst 1928: „Die vom Kreisfeuerwehrhauptmann und der Stadtverwaltung Plön im Mai d. J. gegründete Jugendfeuerwehr, in welcher Söhne der verschiedenen Berufsklassen vereinigt sind, wurde am Sonntag zum ersten Male vorgestellt. Die Jugendfeuerwehr besteht aus 21 Mann unter Führung des Herrn Dienelt. Es ergab sich, daß trotz der kurzen Ausbildungszeit, welche noch durch Schulferien unterbrochen wurde, die Jugendfeuerwehr sehr exakt und schnell arbeitete. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Einrichtung der Jugendfeuerwehr einer glücklichen Idee entspringt und daß sich aus der Jugendfeuerwehr mal sehr gute Führer für Freiwillige Feuerwehren entwickeln werden.“
Die lokale Plöner Presse erwähnte die Plöner Jugendwehr nach ihren Übungen öfters lobend. Dabei wurde den Mitgliedern empfohlen, später in die aktive Feuerwehr überzutreten. Der Staat löste jedoch 1933 alle Jugendwehren auf. Kreisbrandmeister Paulsen, der sich für die Gründungen von Jugendwehren engagiert hatte, verfolgte keine Wiederbelebung.
Ab dem 3. Dezember 1936 waren die Jugendlichen in der Hitler-Jugend organisiert. Als im August 1940 viele Feuerwehrmänner an der Front kämpften, befahl die Reichsjugendleitung die Aufstellung von „Feuerwehrscharen im HJ-Streifendienst“.
Eine Vereinbarung zwischen Reichsführer SS und dem Reichsjugendführer vom 15. August 1939 besagt: „Die wachsende Bedeutung des Feuerlöschwesens, vor allem für den Luftschutz, macht es erforderlich, daß die zur Verfügung stehenden Kräfte der Feuerlöschpolizei und der Feuerwehren verstärkt werden.“
Im Kreis Plön bestand z. B. in Laboe eine HJ-Schar von 18 Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Jahren. Sie waren als Hilfskräfte der örtlichen Wehr unterstellt, und dementsprechend war ihre Ausbildung den üblichen im Feuerlöschdienst vorkommenden Tätigkeiten angeglichen. In der Feuerwehrschule Harrisleefeld fanden noch bis Ende 1944 Lehrgänge für die jugendlichen „Feuerwehrscharen“ statt.
Unter den Jugendlichen machte sich 1944 eine Resignation bemerkbar, die der in der Gesamtbevölkerung glich. Aus diesem Grunde rief 1944 die Hitler-Jugend zum Reichswettkampf der Feuerwehrscharen auf. Ob eine Gruppe aus Schleswig-Holstein daran teilnahm, ist nicht nachweisbar.
Der Fachzeitschrift „Deutscher Feuerschutz“ (Nr. 11, 1944) entnehmen wir, daß der Wettkampf aus drei Disziplinen bestand. Dazu gehörten eine wehrtechnische Übung, ein sportlicher Teil und ein militärischer Teil (Kleinkaliberschießen, Keulenzielwurf und Übungsmarsch).
Nach Angaben des Reichsamtes für Feuerwehren wurden in Deutschland im Laufe des Krieges rund 300 000 Jugendliche zu den HJ-Feuerwehrscharen einberufen. Heute dagegen kommen die Jugendlichen freiwillig in den Verein. Der Deutsche Feuerwehrverband weist ausdrücklich darauf hin, daß es zwischen den HJ-Jugendscharen und den heutigen Jugendwehren keine Parallelen gibt.
Im Januar 1983 erklärte der damalige Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes: „Ich lege Wert darauf, festzuhalten, daß die während des Krieges aufgestellten und zum Einsatz gebrachten HJ-Feuerwehrscharen keine Vorläufer der heutigen Deutschen Jugendfeuerwehren sind.“
Wie alle Organisationen wurden die HJ-Feuerwehrscharen im Mai 1945 aufgelöst. Die Idee der Jugendfeuerwehr wurde Ende der vierziger/Anfang der fünfziger Jahre in den Kreisverbänden und den dazugehörigen Wehren wieder aufgegriffen.
Im Kreis Plön entstanden die ersten Jugendwehren nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen 1954 und 1955: die Internats-Jugendfeuerwehr Plön (1954), die Jugendfeuerwehr Plön (1957) und die Jugendfeuerwehr Preetz (1958). Der Chronik der Jugendfeuerwehr Plön entnehmen wir, daß am 4. April 1957 erstmals über die Gründung einer Jugendfeuerwehr in Plön beraten wurde. Kurz darauf meldeten sich 18 Jugendliche beim damaligen Wehrführer F. Kruse. Als Betreuer und Ausbilder wurde H. Jaudt bestimmt. Die Jungen erhielten eine blaue Jacke aus Drell, eine eingefärbte Polizeihose und eine blaue Schirmmütze als Uniform.
Am 4. September 1958 fand in Preetz die Gründungsveranstaltung der dortigen Jugendwehr statt, an der 19 Jugendliche teilnahmen. In der norddeutschen Fachzeitschrift „Die Feuerwehr“ von 1962 finden wir folgende Erlebnisberichte zweier damaliger Mitglieder:
Zwei Jahre darauf (14. November 1960) wurde als dritte Jugendfeuerwehr im Kreis Plön die Jugendfeuerwehr Wellsee gegründet, die bis zur Gebietsreform von 1970 zum Kreisverband gehörte. Erster Leiter der Wellseer Wehr war A. Stich.
Am 1. Oktober 1961 wollte die Jugendfeuerwehr Wellsee den ersten Jugendfeuerwehrtag im Kreis ausrichten. Dieser Tag fiel buchstäblich ins Wasser, so daß sich das Programm auf einige Reden sowie Kaffee und Kuchen beschränkte. Ein Jahr später fanden in Preetz ein Wettkampf sowie Schauvorführungen der Jugendwehren Plön, Wellsee und Preetz statt. Damit sollten die Jugendwehren der Öffentlichkeit bekannt gemacht und Mitgliederwerbung betrieben werden.
Weitere Neugründungen im Kreisgebiet erfolgten 1963 (Lebrade, Kirchbarkau, Selent, Stakendorf und Neuenrade). Als ein Jahr später auf Bundesebene die Deutsche Jugendfeuerwehr gegründet wurde, organisierten sich die Jugendwehren im Kreis unter dem damaligen Jugendfeuerwehrausbilder Dieter Wenn (Plön).
Seit 1964 findet jährlich der Kreisjugendfeuerwehrtag statt. Die Ziele der Jugendwehren sind neben der Ausbildung zum feuerwehrtechnischen Nachwuchs folgende: tätige Nächstenliebe - Schutz von Natur, Umwelt und Kultur - Förderung und Pflege des Gemeinschaftslebens und der demokratischen Lebensform (Wanderungen, Sport und Spiel, Zeltlager, Jugendtreffen und demokratische Vorstandswahlen). Ihr Aufgabenbereich besteht vor allem in der Unterstützung der aktiven Wehr bei Brandeinsätzen bis zur Hauptbrandlinie, der Absperrung des Einsatzortes und der Unterstützung der aktiven Wehr bei der Hilfeleistung. Dafür ist eine gute Ausbildung notwendig, für die Kreisjugendfeuerwehrwart Dieter Wenn (bis 1973), Hugo Schneekloth (Alt-Heikendorf, 1973 - 1984) und Berthold Kieschnick (seit 1984) zuständig waren/ist.
Der Ausbildungsstand der Jugendwehren im Kreis Plön steht seit jeher auf einem hohen Niveau. 1976 fand in Schönberg auf Kreisebene erstmals die Ausscheidung im Bundeswettkampf statt. Besonders erfolgreich waren im letzten Jahrzehnt die Jugendwehren von Wankendorf und Kirchbarkau, die mehrmals Schleswig-Holstein auf Bundesebene vertraten. Die Wankendorfer Jugendwehr wurde 1989 als erfolgreichste Wehr im Kreis besonders ausgezeichnet.
Im März 1974 erklärte der damalige Kreisjugendfeuerwehrwart Hugo Schneekloth folgerichtig: „Die Jugendwehren sind zu einem festen, unbestrittenen Bestandteil der freiwilligen Feuerwehren geworden und sichern auf Jahre hinaus deren kontinuierliche personelle Verjüngung.“
Im Jahre 1990 gab es im Kreis Plön 32 Jugendwehren mit 549 Mitgliedern, davon waren 144 Mädchen. Sie können nach Vollendung des 18. Lebensjahres in die Freiwillige Feuerwehr übernommen werden. Es gibt in kleineren Wehren immer wieder Sorgen um den Nachwuchs, da die Mitgliederzahlen in der Jugendwehr sinken. Als Beispiel sei die Jugendfeuerwehr Kühren (gegründet 1967) genannt, die schon einmal einen Mitgliederstand von 22 Jugendlichen hatte. 1987 zählte sie zwölf, und die im Februar 1989 nur noch neun Mitglieder.
Der Dienst in den Jugendwehren teilt sich in der Regel in 40% feuerwehrtechnische Aufgaben und 60% Freizeitgestaltung. Mit dem letzteren nehmen die Jugendwehren eine wichtige pädagogische Aufgabe im ländlichen Bereich wahr, die ansonsten größtenteils nur noch von Sportvereinen und kirchlichen Gruppen getragen werden.
Der ehemalige Landespressewart des Landesfeuerwehrverbandes Schleswig-Holstein, P. Augustin, wies auf die Bedeutung der Jugendwehren für die Freiwilligen Feuerwehren hin: „Wir müssen das Ziel sehen. Nur dann, wenn es uns gelingt, junge Menschen für unseren Dienst, für unsere Aufgaben zu gewinnen und zu begeistern, werden auf dem Boden der Ehrhaftigkeit und des Mutes die Kameradschaft und die Treue wachsen. Man muß etwas lieben können, um es zum Leitbild zu erheben. Indem sich der junge Mensch auf den Schutz des eigenen Wohnortes und seiner Umgebung vorbereitet, wird ihm das Land, in dem er lebt, zur Heimat. Soll die Freiwilligkeit in unserer Feuerwehrorganisation weiterhin Bestand haben, dann müssen wir die Gegenwart meistern, um die Zukunft zu gewinnen.“