12. Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr
Wenn Frauen im Mittelalter oder in der Frühzeit des organisierten Feuerlöschwesens jemals etwas mit der brandlöschenden Tätigkeit der Männer zu tun hatten, dann z. B. in Frauenklöstern, in denen die Nonnen die Brandbekämpfung übernahmen. Mangelnde technische Ausrüstung ließen jedoch einen wirkungsvollen Erfolg nicht zu.
Die Freiwillige Feuerwehr war in den Gründungsjahren und blieb es auch bis nach dem Zweiten Weltkrieg eine reine Männerdomäne. Die Mütter und Frauen sorgten als Näherinnen und Wäscherinnen für den tadellosen Zustand der Uniform. Werden sie überhaupt in den alten Chroniken und Festschriften der Wehren erwähnt, dann nur im Zusammenhang mit den jährlichen Vergnügungsabenden und Jubiläumsfeierlichkeiten, zu denen sie eingeladen wurden.
Dagegen war man in Großbritannien, dem Land, in dem die Frauen wesentlich früher als in Deutschland an der Mitgestaltung des demokratischen Lebens beteiligt waren, wesentlich fortschrittlicher. Um 1900 gab es dort z. B. die Mädchenfeuerwehren der englischen Internatsschulen Westfield College in Hampstead und Bedford.
In Deutschland sprach man obligatorisch einmal im Jahr der treusorgenden Ehefrau und Mutter den Dank aus. Frauen als Mitglied in der Feuerwehr waren undenkbar, vielmehr wurden Spottverse geschrieben, die zur Zeit der ersten Frauenbewegung Ende des 19. Jahrhunderts im Umlauf waren. Als im Jahre 1909 dann tatsächlich die Nachricht kursierte, in Bayern sei eine Frau Mitglied der Feuerwehr geworden, entstand folgendes Gedicht:
„Wirklich groß und voll Interesse
Ist doch wahrlich unsere Zeit,
Gestern ist Zepplin geflogen,
Heute hat es schon geschneit.
Eine Balleteuse wurde neulich Rechtsanwältin gar
Und in London zausten Frauen
Strammer Polizisten Haar.
Doch das alles ist noch wenig,
Hört´s, sie stellt sich jetzt zur Schau,
Ein „Gut Schlauch“ sei ihr gewidmet,
Unserer wackren Feuerwehrfrau.
Aus dem schönen Bayernlande
Ist gekommen diese Kunde,
Und man muß wohl dazu sagen,
Sie spricht herrlich uns zum Munde,
Was kann Michel denn passieren,
Ob der stärkste Sturm auch weht,
Wenn das Korps der deutschen Frauen,
Pflichttreu an der Spitze steht?“
(aus: B. Ladwig, Musik und Lied in der Feuerwehr, VFDP-Bericht Nr. 16, Manuskript, Walmenroth 1988)
Als die Männer jedoch in den Krieg zogen, griffen die Behörden auf weibliche Hilfskräfte zurück. Sie übernahmen neben den Jugendlichen den Brandschutz in den Dörfern und Gemeinden. So waren in Heikendorf im Sommer 1944 ca. zwölf Frauen als Löschkräfte im Einsatz, die zahlreiche Menschenleben und Sachwerte retteten.
Obwohl die Freiwilligen Feuerwehren nach 1945 unter Personalmangel litten, entließ man die Frauen. Ihr Einsatz fand erst sehr viel später die ihm zustehende Anerkennung; denn Vorurteile und Rollenklischees bestanden noch weit bis in die sechziger Jahre.
Im Jahr 1956 finden wir in dem Standardwerk über das Feuerwehrwesen „Der Goldene Helm“ auf einem Gedenkblatt folgendes Frauenbild wieder: „Frauen sind von Natur ausersehen, alle Nöte zu ertragen; sie sind nicht dagegen, wenn Vater, Gatte, Sohn, Bräutigam nach getaner Arbeit, statt im Kreise der Lieben zu weilen, zu den Übungen der Feuerschützer eilt, damit im Ernstfall jeder seinen Platz und seine Aufgabe kennt.(...)...“
Sechs Jahre später nahm die Freiwillige Feuerwehr Pülsen mit Eva Osbahr die erste aktive Feuerwehrfrau im Kreis Plön nach 1945 in die Wehr auf. Der Grund war aber nicht etwa Gleichberechtigung oder eine sich wandelnde Einstellung zu dem Gedanken ,Frauen in die Feuerwehr', vielmehr ging es darum, eine vollständige Löschgruppe zusammenstellen zu können. Eva Osbahr blieb bis 1970 Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Pülsen.
Es sollte mehr als zehn Jahre dauern, bis wieder Frauen Mitglied der Pülsener Wehr wurden. 1986 waren es sieben. Im Mai desselben Jahres traten sie nach einer „Truppmann-Ausbildung“ zu einer Demonstration eines schnellen Löschangriffs mit dem ZS-Fahrzeug vom Typ LF 16 TS an. Der Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Höhndorf-Gödersdorf, Peter Göllner, war für die Ausbildung im Amt Probstei zuständig. Er war mit den gezeigten Leistungen zufrieden und sprach den Frauen seine Anerkennung aus.
Der wirtschaftliche Aufschwung bis in die siebziger Jahre führte dazu, daß viele männliche Einwohner im Kreisgebiet in den Städten Arbeitsplätze, bessere Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten vorfanden. Dadurch war tagsüber die Einsatzbereitschaft der Wehren, vor allem in kleineren Dörfern, nicht im erforderlichen Maße gewährleistet. Es waren wieder die Frauen, die die Notwendigkeit zur Mitarbeit im Brandschutz sahen und sich für die Aufgabe zur Verfügung stellten. Außerdem hatte sich durch die Anfänge der Emanzipationsbewegung Ende der sechziger Jahre das Bild der Frau in der Gesellschaft gewandelt.
Eine der ersten Wehren des Kreises, die Frauen aufnahm, war 1978 die Freiwillige Feuerwehr Probsteierhagen. Mitte der achtziger Jahre waren in 15 Wehren 33 Mitglieder weiblich. Der prozentuale Anteil bei über 3000 Mitgliedern ist gering, doch stieg ihre Zahl von 53 im Jahre 1988 auf 78 im Jahre 1990.
Es geht den Frauen nicht allein um Emanzipation, sondern vielmehr zeigt sich der Gedanke der Mitverantwortung und der Wunsch, daß auch Frauen ihren Einsatz zum Schutz von Leben und Sachwerten leisten wollen und können. im September 1982 erklärte die Referentin für Frauenarbeit im Landesfeuerwehrverband und heutige Leiterin der Kreisgeschäftsstelle Plön, Eva Denzien, „daß eine Emanzipation in den Reihen der Feuerwehr völlig verfehlt sei“. Sie selbst und viele ihrer Kolleginnen seien dieser Organisation beigetreten, um Hilfe zu leisten.
Anläßlich einer Sendung des „NDR Welle Nord“ über das 112jährige Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr Kellinghusen im Mai 1984 betonte Frau Denzien, daß der Zeitgeist zwar mitgeholfen habe, die Feuerwehren auch für Frauen zu öffnen, die Feuerwehrfrauen sich jedoch keineswegs als Vorkämpferinnen der Emanzipation betrachteten. Sie wies andererseits auch auf die schon an anderer Stelle erwähnte traditionelle Rolle der Frau als Beschützerin und Helferin in vielen Notlagen hin, die den Frauen zudiktiert wurde. Wichtig sei es, so erklärte Frau Denzien, und die Zukunft wird es wohl auch zeigen, daß die Frauen ein fester Bestandteil innerhalb der Freiwilligen Feuerwehren im Land und Kreis seien.
Bei ihren Kollegen finden die Feuerwehrfrauen mittlerweile Respekt und Anerkennung. Amtswehrführer H. H. Dose (Amt Selent/Schlesen) sprach sich im November 1989 dafür aus, daß mehr Frauen in die Wehren eintreten. Dennoch sind Frauen in der Feuerwehr heute weiterhin die Ausnahme, wie die Überschriften in den „Kieler Nachrichten“ im Februar 1988 beweisen: „Frauen an die Spritze“ (1. Februar 1988) „Zum ersten Male auch eine Frau bei den Lütjenburgern“ (9. Februar 1988) „Martina Hass trägt als erste Frau den ,blauen Rock'“ in der Wehr von Höhndorf-Gödersdorf (10. Februar 1988).
Außer Frau Denzien nimmt Diana Pohl (Probsteierhagen) eine wichtige Aufgabe als Fachwartin für Brandschutzerziehung wahr, dagegen findet sich im Kreisfeuerwehrverband, d. h. im Kreisvorstand, unter den Kreisfachwarten und -ausbildern keine Frau in einer verantwortlichen Position wieder.
Als Frau Denzien Mitte Februar 1986 auf einer Wehrführertagung einen Vortrag über die Situation der Frau in den Feuerwehren im Kreisgebiet hielt, wies sie besonders auf die Zahlen in den Jugendwehren hin. Damals gab es in 17 Jugendwehren 152 Mädchen, die sich auf den aktiven Dienst innerhalb der Wehr vorbereiteten. 1990 waren es nur noch 144, aber prozentual ist der Anteil der Mädchen gemessen an der Gesamtmitgliederzahl innerhalb der Jugendwehren wesentlich höher als der der Frauen in den „aktiven Wehren“.
Sozialhistorische gesellschaftliche Veränderungen gehen auch an den Feuerwehren nicht vorbei. Sie sind Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung und schon allein von daher diesem Wandel, der den Frauen größeren Einfluß bietet, unterworfen.