5.2. Die Feuerwehren in der Zeit der Weimarer Republik (1919-1933)
Schleswig-Holstein blieb nach dem Ersten Weltkrieg weiterhin preußische Provinz. Im Kreis Plön trat bald wieder Ruhe ein, so daß die Feuerwehren mit der Neuorganisation beginnen konnten. Sie standen in der unmittelbaren Nachkriegszeit vor schweren Problemen. Durch die hohe Zahl der im Krieg gefallenen Mitglieder waren die Reihen der Wehren teilweise stark gelichtet, viele der Zurückkehrenden zeigten ein Desinteresse am freiwilligen Dienst, an Uniformen und vor allem am Drill und traten nicht wieder ein. Die Mitgliederzahlen gingen im Kreis Plön auf 800 zurück.
Außerdem waren die Löschgeräte veraltet und das Schlauchmaterial verbraucht. Da die wirtschaftliche Situation der Städte und Gemeinden Schleswig-Holsteins bis 1923 schlecht blieb, konnten notwendige Verbesserungen im Löschwesen nicht vorgenommen werden.
Es blieb den Feuerwehrverbänden und den Freiwilligen Feuerwehren in den Städten/Gemeinden nichts anderes übrig, als neue Mitglieder zu werben oder an die Zurückgekehrten zu appellieren, wieder einzutreten. Auf der Sitzung der Freiwilligen Feuerwehr Schönkirchen am 13. Dezember 1918 erklärte der damalige Schriftführer H. Dieme: „Nun Kameraden seid ihr zurückgekehrt und habt ein neues Deutschland angetroffen, das aus tausend Wunden blutet. Unsere Aufgabe soll es nun sein, diese Wunden zu heilen und mitzuarbeiten an dem wirtschaftlichen Aufbau Deutschlands. Wenn uns dieses gelungen ist, wird auch unsere Feuerwehrsache gedeihen und blühen.“
Entscheidende Veränderungen traten jedoch nur langsam ein. Im Kreis Plön führte mit Johannes Hasse ein Mann von 81 Jahren den Feuerwehrverband. Es gingen von ihm keine Impulse aus, die eine Weiterentwicklung des Löschwesens hätte einleiten können. So sah es jedenfalls der Landrat, der in einer Mitteilung an den Regierungspräsidenten dem Verband jegliche Beihilfe verweigerte (Schreiben vom 10.Juli 1919). Die Krise war offensichtlich. Erst Hasses Rücktritt und die Wahl Adolf Paulsens (Plön, Amtszeit: 1919 - 1945) zu seinem Nachfolger brachten Erneuerungen.
Zu diesem Zeitpunkt dachten verschiedene Seiten an eine Verstaatlichung der Feuerwehren, so daß auch die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren für ihren Dienst bezahlt werden sollten. Der für die Provinz neu ernannte Feuerlöschdirektor Schmiedel (ab 18. März 1919 im Amt) sprach sich mit folgendem Argument entschieden dagegen aus: „Wenn einmal eine Bezahlung der (Freiwilligen) Feuerwehren allgemein eingeführt werde, dann ist es mit den Idealen und Erfolgen des freiwilligen Feuerwehrwesens aus.“ Die Idee der Verstaatlichung fand keine Mehrheit unter den Verantwortlichen, und somit bestehen die Feuerwehren bis zum heutigen Tag als freiwillige Zusammenschlüsse.
Als 1923 in Deutschland ein wirtschaftlicher Aufschwung einsetzte, blieb dieses für das Feuerlöschwesen nicht ohne Folgen. Wesentliche technische und organisatorische Erneuerungen setzten ein. Das Zeitalter der Motorspritze begann. In Schleswig-Holstein gab es vier elektrische, 20 bespannbare Benzinmotorspritzen sowie 15 Automobilspritzen (Stand: 1923/24).
Der Provinzialverband entschloß sich, die Kreisfeuerwehrvorsitzenden als ehrenamtliche Kreisbrandmeister in dem jeweiligen Kreis einzusetzen. Der Kreisbrandmeister ist seit diesem Beschluß feuerwehrtechnischer Aufsichtsbeamter des Kreises und als solcher für die Organisation der Dienste, Beschaffenheit der Geräte und Einsatzstärke der Wehren verantwortlich. Die Neuorganisation des Kreisverbandes Plön ging nur langsam voran; denn erst am 20. Mai 1927 ernannte der Kreisausschuß Plön Adolf Paulsen zum Kreisbrandmeister.
Paulsen beschrieb im „Mitteilungsblatt der Kreisgruppe Plön des Verbandes der Landgemeinden (und Gutsbezirke) e. V.“ (Ausgabe Juli/August 1927) seinen neuen Aufgabenbereich. Er beklagte sich vor allem über das mangelnde Interesse der Kreisbehörden an der Einführung einer Kreisbrandmeisterstelle und folgerte daraus: „Fast alle anderen Kreise der Provinz erreichten durch die Schaffung einer Kreisbrandmeisterstelle im Feuerlöschwesen einen Vorsprung, der uns schwer zu schaffen macht und erst nach Jahren eingeholt werden kann. Erst als sich die Kreisgruppe Plön des Landgemeindeverbandes für die Schaffung einer ehrenamtlichen Kreisbrandmeisterstelle einsetzte, ging der langjährige Wunsch des Kreisfeuerwehrverbandes in Erfüllung.“
Seine erste wichtige Aufgabe sah Paulsen darin, die einzelnen Wehren zu inspizieren. Des weiteren sollte die Ausbildung der Oberbrand- bzw. Brandmeister wesentlich verbessert werden. Ab Ende 1927 fanden an verschiedenen Orten der Kreise eintägige Führerkurse für die von ihm genannte Zielgruppe statt.
Das Verhältnis zwischen den Gemeinden und dem Kreisbrandmeister gestaltete sich anfangs problematisch. Es geschah öfters, daß Paulsen von Bränden im Kreisgebiet verspätet oder gar nicht in Kenntnis gesetzt wurde. In einem Schreiben vom 16. April 1925 an den Landrat beklagte er besonders die völlig unzureichende Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden und den Landjägern als Vertreter der Polizeiaufsichtsbehörde. Im Fall eines Brandschadens in der Gemeinde Sellin versäumte es die Gemeinde, den Landjäger zu benachrichtigen, so daß dieser keine Ermittlungen anstellen konnte. Infolgedessen hielt es Paulsen für notwendig, die Amts-, Guts- und Gemeindevorsteher zu verpflichten, den Ausbruch eines Feuers sofort beim zuständigen Landjäger zu melden. Am 22. 4. 1925 erließ der Landrat folgende Anordnung: „Den Ortspolizeibehörden und in Abwesenheit der Polizeiverwalter den Herren Guts- und Gemeindevorstehern mache ich zur Pflicht, bei ausgebrochenem Schadenfeuer den zuständigen Landjägereibeamten sofort telefonisch oder durch einen reitenden Boten Nachricht zu geben, damit derselbe unverzüglich mit den örtlichen Ermittlungen der Ursache des Brandes beginnen kann. Spätestens am folgenden Tag ist auch mir von den vorkommenden Schadenfeuern schriftlich Meldung zu erstatten. Der Landrat Kreis Plön.“ Wie schon oben erwähnt, befanden sich die Löscheinrichtungen in einem unzureichenden Zustand. Sowohl Paulsen als auch der damalige Landrat Dr. Kiepert hielten Verbesserungen für dringend notwendig. Um die Kosten bei Neuanschaffungen für die Gemeinden so gering wie möglich zu halten, schlossen sich auf Dr. Kieperts Initiative hin mehrere Orte im Kreis zu Feuerlöschverbänden zusammen. Im Jahre 1925 entstand der Feuerlöschverband Probstei (Mitgliedsgemeinden: Schönberg, Stakendorf, Fiefbergen, Krokau, Barsbek, Wisch, Wentorf, Stein, Lutterbek, Brodersdorf, Laboe, Prasdorf, Probsteierhafen, Passade, Fahren, Stoltenberg, Schlesen und Pratjau). Damit war es möglich, die erste Automobilspritze im Kreis Plön anzuschaffen. Sie wurde in Schönberg stationiert. Es folgten drei weitere Gründungen von Feuerlöschverbänden: Feuerlöschverband Groß Plön (Plön, Belau, Bredenbek, Dörnick, Görnitz, Grebin, Langenrade, Ruhwinkel, Stolpe, Wankendorf, die Gutsbezirke Ascheberg, Depenau, Nehmten, Perdoel, Rantzau, Rixdorf, Schönböken, Schönweide und Wittmoldt), Feuerlöschverband Westwalddistrikt (Nettelsee, Kirchbarkau, Barmissen, Löptin, Postfeld, Honigsee und Warnau) und Feuerlöschverband Groß-Lütjenburg (Lütjenburg, Blekendorf, Dannau mit der Ortschaft Gowens, Giekau, Helmstorf, Högsdorf, Kaköhl, Klamp, Kletkamp, Kirchnüchel, Lammershagen, Nessendorf, Neudorf, Selent, Tröndel, Waterneversdorf, Weissenhaus und der Gutsbezirk Panker-Hohenfelde). Als schwierig erwies sich die Gründung des Feuerlöschverbandes Groß-Lütjenburg, da die Mehrzahl der betroffenen Gemeinden Kieperts Ansinnen zunächst ablehnte. lm November 1928 versuchte er nochmals, einen Feuerlöschverband Groß-Lütjenburg zu gründen. Dazu liegt uns eine Kopie eines Schreibens des Landrats vom 2. November 1928 vor:
Die nachfolgenden Verhandlungen waren erfolgreich. Am 12. Januar 1929 schlossen sich die oben genannten Gemeinden zum Feuerlöschzweckverband zusammen. Den vier Zweckverbänden gelang es mit finanzieller Unterstützung des Kreises und der Landesbrandkasse, die notwendigen Motorspritzen anzuschaffen. Sie wurden in Plön, Nettelsee, Lütjenburg und - wie schon erwähnt - in Schönberg stationiert. Jede Freiwillige Feuerwehr konnte als Mitglied eines Löschverbandes die Motorspritze benutzen. Voraussetzung war, daß alle Gemeinden an das Telefonnetz angeschlossen wurden. Die Reichspost richtete auf Antrag des Kreises in den vier Standorten einen Unfallmeldedienst ein. Aus Dr. Kieperts Memoiren („Die Arbeit des Landrats“) erfahren wir, daß z.B. in Schönberg das dortige Fernsprechamt eine Liste mit Namen und dazugehörigen Telefonnummern von 12 Feuerwehrmännern besaß. Sobald ein Brand gemeldet wurde, benachrichtigte das Fernsprechamt die ersten sechs Männer auf der Liste; bei Nichterreichen rief man die auf der Liste Nachstehenden an. In wenigen Minuten war die Automobilspritze einsatzfähig. Die in Schönberg stationierte Motorspritze bewährte sich erstmals am 11. August 1925, als es während eines Gewitters zu mehreren Bränden in der Probstei kam. Der Landrat lobte den schnellen Einsatz und schrieb Jahre später, daß sich „die Ausgaben für die Motorspritzen (…) bezahlt [gemacht] hätten“. lm Jahre 1932 wurde der Kreis Bordesholm aufgelöst und ein großer Teil des Gebietes dem Kreis Plön angegliedert. Der 1927 gegründete Feuerlöschverband Bordesholm-Süd gehörte seitdem zum Kreis Plön. Aus dem Kreisgebiet waren die Gemeinden Bönebüttel, Bothkamp, Großharrie, Tungendorf und Schillsdorf seit 1927 Verbandsmitglieder gewesen. Trotz der sich ab 1928 verschlechternden Wirtschaftslage gelang es nach der Entstehung der Feuerlöschverbände, die Entwicklung des Löschwesens zu beschleunigen. Es gab mittlerweile in den 64 Feuerwehren 2500 Mitglieder (Stand: 1930). Ein Jahr später stieg die Zahl der Wehren auf 85, davon waren 51,8 % freiwillige und 48,2 % Guts- oder Pflichtwehren.
In den Randgemeinden des Kreises bestand der Ehrgeiz, zumindest eine kleine Motorspritze zu besitzen. Obwohl die Gemeindekassen „leer“ waren, gelang es mit Zuschüssen der Landesbrandkasse und des Kreises, sechs kleine Motorspritzen anzuschaffen.
Die Umstellung vom Pferdefuhrwerk auf das motorisierte Löschfahrzeug und andere technische Erneuerungen zogen Veränderungen im inneren Dienstbetrieb einer Freiwilligen Feuerwehr nach sich. Die fachliche Grundqualifikation durch vermehrte Ausbildungsstunden und die Vereinheitlichung der Fortbildung der Führungskräfte nahmen zu. Schon damals hatte Adolf Paulsen erkannt, daß eine gute fachliche Ausbildung für einen erfolgreichen Löscheinsatz notwendig ist.
Im Jahre 1931 senkte der Kreis seine monatlichen Ausgaben für den Kreisfeuerwehrverband von 1500 RM auf 500 RM. Paulsen sah seine bis dahin geleistete Aufbauarbeit in Frage gestellt. Zwar erteilte der Regierungspräsident den Kreisen und Gemeinden die Anweisung, das Löschwesen im Haushalt nicht zu vernachlässigen, aber generell wurden in der Provinz Schleswig-Holstein je nach Auffassung der Kreis- oder Gemeindevertretung der Etat für die Feuerwehren gekürzt. Aus dem Jahresbericht 1930 des Feuerlöschverbandes Groß Plön vom 5. Mai 1931 ist ersichtlich, daß keine wesentlichen Neuanschaffungen erfolgten.
Obwohl viele Gemeinden generell bereit waren, weitere Freiwillige Feuerwehren zu gründen, konnte dieses Ziel aufgrund der wirtschaftlichen Lage (Rezession, hohe Arbeitslosigkeit und ansteigende Sozialausgaben) nicht erreicht werden.
Die bestehenden Freiwilligen Feuerwehren gerieten in finanzielle Bedrängnis, da die Beitragszahlungen der Mitglieder zurückgingen. Viele Feuerwehrmänner waren arbeitslos und lebten aus öffentlichen Mitteln. Sie wurden von ihrer Beitragspflicht befreit.
Im Jahre 1932 gab es im Kreis Plön 65 Freiwillige Feuerwehren mit 2134 aktiven Mitgliedern. Folgende Amtsbezirke besaßen nur Pflicht- oder Gutswehren: Blekendorf, Helmstorf, Lutterbek, Nehmten, Rastorf, Rethwisch, Salzau und Waterneversdorf. Die politischen Veränderungen im darauffolgenden Jahr blieben auch für die Feuerwehren nicht ohne Einfluß.