Podiumsdiskussion "Gaffer am Einsatzort"

Veröffentlicht von Ralf am 24.03.2010

Unter diesem Motto fand am Montag, dem 22. März 2010 eine Podiumsdiskussion, in der

Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung in Altenholz statt. An der auch Kreisbrandmeister Helmut Müller und Jürgen Ohrt FBL Presse u. Öffentlichkeitsarbeit der JF Kreis Plön teil nahmen.

 

Teilnehmer der Podiumsdiskussion:

·     Klaus Schlie (Innenminister des Landes Schleswig-Holstein)

·     Prof. Dr. Monika Frommel (Direktorin des Institutes für Sanktionsrecht und Kriminologie an der Christian-Albrechts-Universität Kiel)

·     Heiner Backer (Psychosoziale Notfallversorgung Schleswig-Holstein)

·     Dr. Ralf Kirchhoff (Leitender Branddirektor und Amtsleiter der Berufsfeuerwehr Kiel)

·     Hartmut Brenneisen (Leitender Regierungsdirektor und Dekan des Fachbereichs Polizei der FHVD)

·     Joachim Gutt (Polizeidirektor und Abteilungsleiter im Landespolizeiamt)

·     Peter Wüst (Journalist)

 

Moderiert wurde die Diskussion vom RSH Chefkorrespondenten Carsten Kock.

 

Der Grund dieser Veranstaltung wurde durch einen besonderen Vorfall in jüngster Zeit erneut in den Blickpunkt gerückt: Die Schaulust oder mit anderen Worten - die Gafferei bei Unglücksfällen oder spektakulären Ereignissen.

 

Im November 2009 raste ein Betrunkener auf der A1 nachts frontal in das Auto einer Frau.

Es fing sofort Feuer. Ein Lübecker Berufsfeuerwehrmann war zufällig als Erster am Unfallort.

Verzweifelt versuchte er mit einem Freund, die 22-jährige Fahrerin zu befreien. Dazu

baten sie Lastwagenfahrer um Hilfe. Die Fahrer, die einen Feuerlöscher an Bord haben

müssen, standen am Straßenrand und schauten lediglich zu. Keiner der Angesprochenen

half. Die Frau starb kurz darauf in einem Krankenhaus.

 

Dieser Vorgang hat alle erschüttert und auch geärgert. Unabhängig von der strafrechtlichen

Bewertung des Verhaltens der Umstehenden ist es notwendig, Wege zu suchen, um ein

derartiges Verhalten künftig zu verhindern.

 

In dieser Veranstaltung mit Fachleuten, aber auch mit dem Publikum, ging insbesondere um die Fragen:

Wo liegen die Ursachen für das Verhalten?

Wie kann sensibilisiert werden?

Wie können wir die Aufklärung verbessern?

Wie kann an die moralischen Werte erinnert werden?

Wie können „Gaffer“ zu aktiven Helfern werden?

 

Ende November geriet der schleswig-holsteinische Innenminister Klaus Schlie (CDU) mit den Schlagzeilen,

- Minister will Gaffer mit Schock-Fotos erziehen

- Minister will Schocktherapie für Unfall-Gaffer

in die Presse. Auch wenn der Innenminister inzwischen seine Aussage relativiert hat, fordert Schlie weiterhin nach einer öffentlichen Debatte über die „Unmoral des Gaffens“. Er betonte nie die Absicht gehabt zu haben mit grausigen Fotos von Unfallopfern zwangsweise Gaffer zu bekehren.

Er wolle vielmehr eine Diskussion und ein gesellschaftliches Umdenken anstoßen. Es gehe darum, an moralische Werte zu appellieren und „Gaffer zu Helfern werden zu lassen“.

„Drohungen schaffen kein Moralbewusstsein, da muss eine persönliche Einsicht stattfinden.“ meinte Prof. Dr. Monika Frommel. Auch das Fotografieren der Opfer und Unfallstellen mit dem Handy sei ein Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht. Viele dieser Bilder kursieren unzensiert kurze Zeit später im Internet. Die Gaffer machen sich überhaupt nicht klar welche Grenzüberschreitungen sie damit begehen.

 

Dr. Ralf Kirchhoff Leitender Branddirektor und Joachim Gutt Polizeidirektor erläuterten die Problematik mit schaulustigen Gaffern bei Einsätzen. Sie behindern nicht nur die Einsatzkräfte der Polizei, Rettungsdienste und Feuerwehr bei ihrer Arbeit. Sie bringen sich im schlimmsten Fall selber in Gefahr.

 

Hartmut Brenneisen brachte zum Ausdruck. Die Helfer und Einsatzkräfte bekommen Unterstützung um mit der psychischen Belastung an Einsatzstellen richtig umgehen zu können, doch was ist mit den Gaffern? Die Gefahr, dass auch sie mit der Belastung nicht zu recht kommen ist sehr groß.

 

Journalist Peter Wüst erzählte von Beobachtungen bei Einsätzen: Wenn mit der Kamera auf die schaulustigen anstatt auf die Einsatzstelle gezielt wird, fühlten sich die Gaffer ertappt und drehen sich weg. Es muss peinlich für die Gaffer sein erwischt zu werden. Erwischt zu werden irgendwas falsch gemacht zu haben.

 

Eine einhundertprozentige Lösung gegen Gaffer gibt es nicht. Liegt es an der Erziehung? Hier wird schon in Kindergärten und Schulen durch Brandschutzerziehung den kleinsten der „Hilfetrieb“ beigebracht. In der Jugendfeuerwehr bekommen die Jugendlichen Erste Hilfe und die Bereitschaft anderen zu helfen über Jahre geschult. Mit der Jugendarbeit wird nur ein kleiner Teil abgedeckt. Der Mensch ist von Natur aus neugierig, immer bestrebt was Neues zu entdecken. Sobald irgendwo ein Blaulicht am Horizont zu sehen ist wird der Herdentrieb des Menschen geweckt, wo eine kleine Ansammlung von Menschen ist, kommen sehr schnell immer mehr hinzu. So bleibt den Ersthelfern und Einsatzkräften vor Ort nur, immer wieder schaulustige anzusprechen: „Hilf mir oder hau ab“. Vielleicht ist anschreien auch eine Möglichkeit um den Gaffer aus seinem Schockzustand zu wecken. Carsten Kock machte noch den Vorschlag an den Innerminister einen Aufkleber für das Auto zu erstellen. Was vor Jahren mit dem Slogan „Ein Herz für Kinder“ geklappt hat, warum soll das nicht heute mit der Aufschrift „Gaffer sind A….löcher“ funktionieren. Dieser Ausdruck wurde aus dem Publikum etwas gemindert, „Affen gaffen“.

Mein Vorschlag wäre: „Helfen und Leben retten, statt gaffen“ oder „Gaffen – Helfen – Retten“.

Doch das sind alles nur kleine Lösungsansätze um dem Problem Herr zu werden. Der Schalter muss in den Köpfen von uns allen umgelegt werden. Jeder sollte sich darüber Gedanken machen, muss ich da jetzt hingucken oder kann ich vielleicht helfen. Morgen könnte ich schon so da liegen und wer hilft mir dann und wer guckt zu?

 

Jürgen Ohrt

FBL Presse- u. Öffentlichkeitsarbeit

Der Jugendfeuerwehren im Kreis Plön

Zuletzt geändert am: 28.03.2010 um 04:51

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